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Geschmacksvorlieben

… wie kommt es dazu?

Habt ihr euch schon mal gefragt, warum ihr bestimmte Dinge gerne esst und andere nicht?

Diese Frage hat mich schon vor fast 20 Jahren beschäftigt, da gehörte ich eigentlich eher zu den sorglosen Essern, hatte jedoch als junge Mutter den Anspruch meine Kinder gesund zu ernähren.

Während meine Tochter gefüllt alles aß, von Meeresfrüchten bis Kohl, war mein Sohn schwer bis gar nicht zu abwechslungsreichem Essen zu bewegen. Er liebte Brot, Eis, Süßes, Nudeln und Kartoffeln. Es erstaunte mich immer wieder, wie meine beiden Kinder so unterschiedliche Geschmacksvorlieben entwickeln konnten, wo Beiden das gleiche Vorgelebt wurde.

Ich hatte eine Theorie, für mich war es offensichtlich, dass es eine Verbindung gab zu dem was ich in der Schwangerschaft gegessen habe. Vor 20 Jahren hielten es unsere Ärzte allerdings für abwegig.

Heute sind die beiden 22 und 19 und die Vorlieben sind geblieben, während einer sehr experimentell ist, ist der Andere eher mäkelig. Während Tim ein Brotliebhaber blieb, mag Hannah Brot nicht besonders gern und bevorzugt Gemüse in jeder Form.

Meine Fragestellung blieb.

Meine erste Schwangerschaft war mitten in einer sehr stressigen beruflichen Phase, in der ich auch nur am Wochenende zu Hause war. Mein Bauch blieb eher klein und ich habe nur 12,5 kg zugelegt. Mein Essen während meiner Schwangerschaft war abwechslungsreich und durch häufiges Außerhausessen geprägt. Meine Tochter Hannah erblickte sehr zart die Welt mit einem Leichtgewicht mit 2360 g.

Gut 2 Jahre später die 2. Schwangerschaft. Wir standen gerade mitten in der Renovierung unseres gerade gekauften Altbaus in den wir sehr viel Eigenleistung steckten. Mittags ging es in erster Linie um eine gute Sättigung, die über einen Zweiplattenkochen in der Baustelle machbar war. So standen sehr, sehr häufig Spaghetti mit Pesto und zum Nachttisch eine 200 g Tafel Schokolade auf dem Programm.

Mein Bauch rundete sich deutlich, am Ende waren es aber trotzdem nur ein Plus von 17 kg, bei einem Geburtsgewicht meines Sohnes Tim von 3770 g. An der Schwangerschaftsdiabetes bin ich immer knapp vorbei geschrammt.

Die Geschmäcker meiner beiden Kinder geben ein Abbild meiner Lebensphasen wieder!

Mittlerweile gibt es zahlreiche Publikationen zu pränatalen und postnatalen Geschmacksentwicklung. Die meisten beziehen sich auf die amerikanische Biologin Julie Mennella (1), die 1996 in ihrer Studie den Einfluss von Schwangerschaft auf das Essverhalten des Kindes belegt hat. Demnach entwickelt sich die Prägung der Geschmäcker über das Fruchtwasser. Es ist das erste, was der Fötus wahrnimmt, noch bevor er sieht und hört. Bis zur 10. Schwangerschaftswoche bilden sich auf der Zunge die ersten Geschmacksknospen. Die geschmacklichen Eindrücke entwickeln sich wenige Wochen später, wenn die Geschmacksknospen mit den Nerven des Embryos kommunizieren können.

Der Geschmack des Fruchtwassers ist abhängig von der Ernährung der Mutter und beeinflusst so die Geschmackssinne. Isst die Mutter abwechslungsreich und ausgewogen, lernt das Ungeborene schon im Mutterleib verschiedenste Geschmackskomponenten kennen und schult seinen Geschmackssinn. Auch die Muttermilch spielt eine Rolle. Aromastoffe und Geschmacksrichtungen gehen in die Muttermilch über und beeinflussen die Geschmäckle unserer Lieblinge.

Darüber hinaus spielen evolutionäre Faktoren eine Rolle, warum gerade eine Vorliebe für den Süßgeschmack besteht. Süße Nahrungsmittel bringen schnelle Energie und stehen für ungiftig. Giftstoffe werden in der Natur eher in Verbindung mit bitter gebracht.

Wer sich in der Schwangerschaft und Stillzeit sehr einseitig ernährt, läuft Gefahr, dass auch das Kind zum Mäkler wird.

Das kann ich zu 100 % bestätigen. ; )

Quelle | (1) Mennella J.A.; Beauchamp G.K., The early develepment of human flavor preferences, in: Capaldi ED, Why we eat what we eat. The psychology of eating. American Psychological Association, Washington D.C. (1996), S. 83-112